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Rückbesinnen und Neubestimmen

Wirtschaft, Politik und Militär 1850-1990.

Bismarck war kein Deutscher? Der Leitaufsatz des Buches geht sehr kontrovers an die jüngere deutsche Geschichte heran. Mich interessierte die Aussage - das Ergebnis. Es handelt sich um einen Vortrag Sch.´s aus dem November 1989 vor dem Rotary Club Meinerzhagen (Industrielle wie Fuchs-Felgen etc.). Darin wurde der Gang und das wirtschaftliche Missergebnis der deutschen Einheit vorausgesehen. Paul Kennedys Buch zu "Auf- und Abstieg der grossen Mächte" und Lothar Galls Bismarck-Biographie gaben den Ansatz für wirtschaftsgeschichtliche Grundfragen und die un-deutsche Ausrichtung des ersten Kanzlers des Kaiserreiches, der ausschliesslich grosspreussisch dachte. Interessant. Die Berichte aus der Arbeit für die Fernsehsender der ARD und des ZDF bringen tiefere Einsichten in das Funktionieren der NVA der DDR. Der Einsatz mit dem Schiessbefehl Honeckers gegen das eigene Volk im Nacken und anderes. Eine bedeutsame Einsicht in die Rolle von verantwortlichen Generalen, die dann nach ihrer Leistung in der Behinderung eines Bürgerkrieges vom Staatsanwalt verfolgt wurden.

BOD/Autorenprofil

Alternativen zur offiziösen deutschen Geschichtssschreibung, 21. Oktober 2000

Rückbesinnen und Neubestimmen (Taschenbuch) Diese Sammlung von Aufsätzen des Hamburger Historikers bietet einen packenden Überblick über die gesamte Breite seines beruflichen Lebens vom Artillerieoffizier und Wissenschaftler (HSBw Hamburg, 1977-85) bis zum Industriefilm-Produzenten, Regisseur und Fernsehjournalisten.- Gleichwohl soll sie eher Programm denn abgeschlossener Wurf sein.- Ob die Erfahrung der Bundeswehrdienstzeit (1967-72), die sich in vehementer Kritik an der Armee des Kaiserreichs niederschlug ("Die deutsche Armee 1900-14/1977"), die beginnende Auseinandersetzung mit Historikern wie W.Deist, St.Förster, H.Afflerbach, B.-J.Wendt, K.-J.Müller und (oder) E.Opitz an den Universitäten Freiburg, Bern, Düsseldorf, Hamburg und HSBw Hamburg ("Einleitung" und "Verdrehte Geschichte"), oder erste Versuche zur Interpretation seines wissenschaftlichen "Vaters" Fritz Fischer (John Moses/Brisbane Nachruf auf F.Fischer), Schulte führt den Leser kritisch-distanziert durch die letzten 150 Jahre deutscher Geschichte ("Bismarck war kein Deutscher").

Daß seine Berichte zur deutschen Wende 1989/90 ("DDR 1989: Agonie der Macht"/Interviewtexte zu dem ZDF-Film "Schießbefehl Honeckers gegen das eigene Volk?")auf eigenstem Erlebnis beruhen (Schulte berichtete seit Februar 1990 für NDR, ZDF und RIAS TV aus der DDR z.B. über NVA, neue Länder - "Zwischen Lehnin, Caputh und Sanscouci"-, Stechschritt, Tradition, Feindbild etc.), braucht angesichts der quellengesättigten Ausführungen (etwa zu Fergusons Buch: "England war nicht 'besser' nur erfolgreicher") nicht gesondert erwähnt zu werden. Das ist bei Schulte conditio sine qua non.

Gerade der seltene Verbund aus beruflicher Erfahrung. ausserhalb der historischen Wissenschaft, und fundierter geschichtswissenschaftlicher Analyse macht dieses Buch aus.

Es erscheint verfehlt, den Band, der aussschliesslich einen Überblick aus der Arbeit des Autors über die Jahre 1990 bis 2000 bietet, mit dem Gradmesser hoher Wissenschaftlichkeit zu messen, die an Universitäten gepflegt werden kann. Auch scheint eher der Verbund aus Fragen, die aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts herrühren und Problemen, die in unseren Tagen virulent wurden, das Ziel der Untersuchung auszumachen. Denn schliesslich geht es um eine, über das Fachgebiet weit hinausgreifende Auseinandersetzung mit Fragen, Alternativen und Ergebnissen der Deutschen Frage zwischen 1850 und 1989.

Rückbesinnen ja - aber besser neubestimmen!, 18. Dezember 2000 Ein "Rückbesinnen" auf Ergebnisse wissenschaftlicher und journalistischer Arbeit der letzten 30 Jahre mag von Reiz sein, bringt es doch den Leser dieses Sammelbandes in Verbindung mit den inneren Verhältnissen der historischen Wissenschaft wie der elektronischen Medien in Deutschland.

An neuralgischen Punkten der jüngeren deutschen Geschichte macht der Autor erkennbar, wie gebunden Erkenntnis an die jeweiligen politischen Verhältnisse ist. Ob in den Jahren vor und nach 1914, oder 1989.

Gerade der preußische Zug im deutschen Staatswesen, der inzwischen eher subkutan vermehrt zur Wirkung kommt, findet die Aufmerksamkeit des Autors, der einer süddeutsch-liberalen Sicht deutscher Geschichtsentwicklung zugehört, als der neo-borussischen Linie jüngerer Historiker, die vor und nach der Wende des Jahres 1989 an das "Reestablishment" nationalgeschichtlicher Versatzstücke gingen.-

Das wird eindrucksvoll demonstriert, z.B. an dem Beitrag zu "Honeckers Schießbefehl gegen das eigene Volk", wie der Fernsehfilm Schultes für das ZDF im Oktober 1990 hieß. War es nicht der Leiter des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes der Bundeswehr, Deist, der 1990 unverzüglichlich festsetzte: "Die Geschichte der NVA schreiben wir!" Oder die merkwürdig selektive Beobachtungsgabe der Düsseldorfer Historiker Afflerbach und Förster, die den Zerfall der Hamburger Fischer-Schule zum Ersten Weltkrieg dazu nutzten, die Umkehrung von 40 Jahren Forschung zu 1914 zu betreiben. Mit welchem Ziel?Offensichtlich wird in der deutschen Historikerzunft immer noch angenommen, Apologie nutze unserer Gesellschaft nach innen und außen wie nach 1918.

In Beiträgen zur Technikgeschichte (Bremsversuche auf Reichsautobahnen, 1936), der päpstlichen Diplomatie im Zweiten Weltkrieg, Kriegswirtschaft in der DDR zwischen 1934 und 1989, Tschecheikrise 1968, Kuwaitkrieg 1991 und Leunaaffaire 1993/94 will Schulte exemplarisch vorführen - vielleicht jedoch zu weitmaschig um zwingend zu sein - wie sehr ein kritisches Neubestimmen von Geschichtsbild und Gegenwartsverständnis in unserem Lande von nöten seien.

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